Leserbrief zum Artikel: „Eigeninteressen im Blick“, WP, Martin Weiske, 26.1.2017,:
Wutbürger? Willkommen im postfaktischen Zeitalter. Wer solche Begriffe wie „Wutbürger“ verwendet (und eine Presse die das auch noch unkommentiert veröffentlicht) sollte sich vorher mit der Bedeutung auseinandersetzen – meine ich (Wikipedia hilft). Rein äußerlich mag der Begriff zwar auf die bei der 1. öffentlichen Informationsveranstaltung, zur geplanten Erweiterung der Fachklinik im Deerth, anwesenden Personen zutreffen. Allerdings macht man es sich doch etwas einfach, wenn man eine sachliche Diskussion mit der Beurteilung von Äußerlichkeiten verhindern will. Die ganze Veranstaltung am Dienstag hatte schon eine leicht befremdliche Qualität. Die einleitenden Worte von Herrn Grothe machten deutlich, dass Stadt und AWO sich in einer defensiven Position sehen und vor allem eine offene Diskussion vermeiden wollen. Dass die Stadt dadurch als Fürsprecher der AWO Interessen wahrgenommen wurde, mag der Eindruck nur einiger Anwesender gewesen sein.
Der neue Artikel von Herrn Weiske „Eigeninteresse im Blick“ scheint mir aber nun einige Fakten doch „postfaktisch“ zu machen. Oder sind das „alternative Fakten“. Frau Buchholz spricht von „Wutbürgern“, die nur ihre „Eigeninteressen im Blick“ haben und sich mit ihren „vorgefassten Meinungen“, durch „Argumente und Fakten“ nicht überzeugen lassen? Ich bin sprachlos! – Ich sehe hier zunächst einmal nur das „Eigeninteresse“ der AWO. Die Interessen aller anderen werden ignoriert.
Kurz zu den Fakten:
Laut einem Amtsblatt der Stadt Hagen vom 20.3.2015, wird nach der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens, als „Nächster Verfahrensschritt“, die frühzeitige Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung im letzten Quartal von 2014 geplant. Wie das zeitlich funktionieren soll bleibt zunächst rätselhaft. Tatsache ist, dass die Öffentlichkeitsbeteiligung nun im ersten Quartal 2017 stattgefunden hat. Die AWO hat in der Zwischenzeit wie Frau Buchholz sagt schon 500.000 € in die Planung investiert. Sie scheint nun zu befürchten das die ganze Planung auch ohne Erfolg bleiben könnte und macht schon jetzt die „Wutbürger“ dafür verantwortlich. Sie nennt es „unfair“, weil die Anwesenden ihr Projekt nicht mit Applaus aufgenommen , sondern ihre berechtigte Kritik zum Ausdruck gebracht haben. Die AWO gab sich auch auf der Bürgerveranstaltung recht siegesgewiss. Wie jemand der in einem sehr weit fortgeschrittenen Stadium einer Planung ein Projekt vorstellt, das Diskussion überhaupt gar nicht mehr zulässt, weil es nach Argumentation der AWO keine Alternative dazu gibt. Dass es keine Alternativen gibt, will oder kann Sie aber nicht mit Fakten belegen. Die Diskussion darüber wird einfach abgeschnitten. Mehrfach darauf angesprochen blieb sie dabei: So, oder gar nicht! – Hier läuft wohl einiges falsch! Ich würde mich auch ärgern wenn ich jahrelang geplant und auch schon investiert habe und mich dann einer Kritik gegenübersehe die mein Projekt gefährden könnte. Allerdings kann ich dafür nicht die Kritiker verantwortlich machen und Bürger als „Wutbürger“ titulieren , die ich schon viel früher hätte involvieren müssen. Die „Wutbürger“ sind Bürger, die nicht das Projekt und die gute Arbeit der AWO in Frage stellen. Die Kritik ist eine konstruktive Kritik, die eben genau nicht für Eigeninteressen steht, sonder versucht einen Konsens aller Interessen zu finden. Die Bürger sind vielmehr davon überzeugt, dass es Alternativen gibt, die für alle Beteiligten weniger Nachteile und für die AWO sogar noch mehr Vorteile bringen könnten. Denn ganz allgemein sind die Einrichtungen für den Maßregelvollzug nach §64 StGB chronisch überbelegt und der Markt wächst. Ich möchte mir die Diskussion um eine Erweiterung der Erweiterung im Deerth, in vielleicht 5 Jahren, gar nicht vorstellen. Die Zukunftssicherung ihrer Einrichtung und der Arbeitsplätze hat Frau Buchholz ja als Argument angeführt. An anderer Stelle gibt es vielleicht sogar Zukunft, mit Perspektive zu noch etwas mehr Wachstum? Politik und Verwaltung könnten hier sicherlich noch deutlich kreativer und engagierter in Erscheinung treten und sich nicht nur zum Diener einer Sache machen sondern konstruktiv mit gestalten. Sonst werden nämlich Bürger zu wütenden Bürgern.